Die für das Hallenbad City realisierte Kunst-und-Bau-Arbeit fügt dem neu renovierten Bad eine literarische Dimension hinzu: In Badetücher gewobene Zitate zum Thema Schwimmen begleiten die Badenden und verteilen sich mit ihnen im Raum. Damit entsteht eine Verbindung zwischen dem Geist der Moderne und den Nutzern des Bades, die seine verschiedenen Facetten mit Leben füllen.
Hallenbad City, Zurich/Switzerland
The commissioned artwork made for the Hallenbad City
adds a literary dimension to the newly renovated
swimming pool. Literary quotes on the subject of
swimming are woven into bath towels which circulate
with the swimmers in the room. A connection is
created between the spirit of modernism and the
users of the swimming pool which is thus filled
with different facets of life.
Hallenbad City Zürich
Mit der Wiedereröffnung erhält das Hallenbad City neue Badetücher, die wie bisher ausgeliehen werden können. Die Tücher zeigen verschiedene Motive mit ausgewählten Zitaten aus der Literatur zum Thema Schwimmen. In einer kleinen Bibliothek im Obergeschoss können die Bücher, aus denen die verwendeten Textstellen entnommen wurden, eingesehen werden.
Die Serie umfasst 18 Motive in drei verschiedenen Farben. 15 verschiedene Motive werden den Badegästen zum Schwimmen ausgeliehen. Drei der Motive können käuflich erworben werden. Es handelt sich dabei um Zitate von Franz Kafka, John Henry Mackay und Franziska zu Reventlow.
Den 2007 aufgrund des geplanten Umbaus ausgeschriebenen Kunst-und-Bau-Wettbewerb konnte Pia Lanzinger mit diesem Projekt für sich entscheiden.
Jedes der 18 Badetücher enthalt ein literarisches Zitat. Die Autorinnen und Autoren bringen darin eine Vielfalt von Perspektiven zum Thema Schwimmen zum Ausdruck.
Autorinnen und Autoren:
Zsuzsa Bánk, John Cheever, John von Düffel, Max Frisch, Hermann Hesse, Alan Hollinghurst, Ödön von Horváth, Ernst Jandl, Franz Kafka, Rolf Lappert, Gertrud Leutenegger, Hugo Loetscher, John Henry Mackay, Sven Regener, Franziska zu Reventlow, Kurt Tucholsky, Robert Walser, Eva Zeller
Die Serie kombiniert drei Farben und sechs verschiedene Schriftarten, so dass jedes Zitat in einer singulären Kombination von Farbe und Schriftart erscheint. Mit Rücksicht auf die Webtechnik auf Jacquard-Webstühlen und aus dem Wunsch möglichst auch den flüssigen Charakter der Inhalte in seiner Diversität zum Ausdruck zu bringen, wurden die Schrifttypen und das Layout gestaltet.
Architekten (Umbau, Bauzeit 2010 - 2012):
ernst niklaus fausch architekten, Zürich.
Text von Yvonne Volkart
Pia Lanzinger ist eine Künstlerin, die sich immer wieder mit der Geschichte
und Situation spezifischer Orte auseinandersetzt. Im Vordergrund steht weniger
das autonome Kunstwerk als vielmehr der Versuch, das Publikum ästhetisch zu
involvieren und zum Nachdenken über die vorgefundene Situation anzuregen.
„Fast alle Probleme im Leben lassen sich durch Schwimmen lösen. Das ist den meisten
Menschen nicht klar“ (John von Düffel, 2002). So lautet der Anfang eines Zitats, das
weiss in ein leuchtend grünes Badetuch eingewebt ist.
Ein Satz, von dessen Wahrheitsgehalt wohl viele Menschen, die regelmässig schwimmen,
überzeugt sind. Denn „Welche Weichheit, welche schimmernde Helle. Und mit den nackten
empfindungsvollen Armen macht man Schnitte in dieses nasse, saubere, gütige
Element [...]“ (Robert Walser, 1908). Aber es gibt auch Gegenstimmen, die der lustvollen
Auflösung im kühlen Nass trotzen: „das schwimmen hat mir immer sehr geschadet / ich habe
niemals gern in meer see teich gebadet / ich fühlte nie des schwimmers todeslust / hab immer
stracks zurück zum strand gemußt“ (Ernst Jandl, 1982-89). Und auch dort wissen sie nur
allzugut, dass sie sich niemals mit den anderen, zur Schau gestellten Körpern messen können:
„auch badehosen trug ich nur mit scham / weil drin mein genital nur wenig raum einnahm“ (ebd.).
Eingewickelt in die vielstimmigen Tücher wird uns deutlich, dass Schwimmen mehr ist als körperliche
Betätigung im Wasser. Für viele ist es Spass, Kultur, Mode, Selbstentwurf; es kann aber auch
als Disziplinierung oder sogar biopolitische Massnahme erscheinen: „Bad in Zürich: Nur Männerbad.
Einer am andern [...] Zum Teil keine Kabinen, republikanische Freiheit des Sichausziehens vor
seinem Kleiderhaken, ebenso Freiheit des Schwimmeisters mit einer Löschspritze das volle Sonnenbad zu leeren“ (Franz Kafka, 1911).
Die von Pia Lanzinger konzipierten literarischen Badetücher zeigen das Schwimmbad als Knotenpunkt
vielfältiger Interessen. Bemerkenswert ist, dass das von 1939-41 erbaute Hallenbad City nicht nur
ein Produkt der Moderne mit der damals typischen Sportkultur war, sondern dass das blosse Schwimmen
heute, im Zeitalter von Whirlpools und Erlebnisbädern, aus der Mode gekommen ist. Vor diesem
Hintergrund macht es gemäss der Künstlerin Sinn, die Bedeutung dieses unvergleichlichen Erlebnisses
herauszustreichen und schwerpunktmässig mit jener Literatur zu würdigen, die ebenfalls dem Geist
der Moderne entsprang.
Neben dieser inhaltlichen Dimension sind die Tücher in kräftigem Magenta, Blau und Grün aber
einfach auch farbige Kontraste zum schlichten Weiss/Beige des Bades, die abhängig von ihrer
jeweiligen Nutzung und somit performativ das dynamische Moment des Bades zur Geltung bringen.
Und deren unterschiedliche Schrifttypen oder spiegelverkehrten Seiten sind Muster, Wellen,
Ornamente: Lese Stoff im Barfussbereich.
© Copyright 2012 Pia Lanzinger – All rights reserved
Ein Projekt in Zusammenarbeit mit der
Fachstelle Kunst und Bau, Amt für Hochbauten, Stadt Zürich.
Fotos: Maurice Grünig (Detailfotos, 11), Hannes Henz (Hallenfotos,3),
Michael Hauffen (Bibliothek,1).
Text Yvonne Volkart: Courtesy Fachstelle Kunst und Bau der Stadt Zürich.
Webdesign: Michael Hauffen [michaelhauffen.de]